Vor mehr als 50 Jahren, am 27. August 1971, starteten 230 Schülerinnen und Schüler ihre Schulzeit an der neuen „Gesamtschule Söhre“ in Lohfelden. Die Jungen hießen zum Beispiel Michael, Christian, Stefan oder Torsten und die Mädchen hörten auf die Namen Nicole, Claudia, Tanja oder Sandra.

Wie wäre es gewesen, wenn du eine oder einer von ihnen gewesen wärst?

Komm mit auf eine kleine Zeitreise in die siebziger Jahre!

Das Leben in den siebziger Jahren

Zur Schule gehen die neuen Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule nicht nur von Montag bis Freitag, auch samstags wird regelmäßig die Schulbank gedrückt. Auf dem Rücken trägst du einen Scout-Schulranzen oder einen coolen braunen oder bunten Schulranzen aus Leder. In deinem Schlampermäppchen befinden sich Buntstifte und Bleistifte wie heute, aber du schreibst fast nur mit deinem Füller.

Die Pausen vertreibt ihr euch zum Beispiel durch Schulhofspiele wie „Gummitwist“ oder ihr spielt das Hüpfspiel „Himmel und Hölle“. Als Mädchen tauschst du gerne deine „Sarah Kay“-Sammelbilder mit deinen Freundinnen aus, als Junge bevorzugst du natürlich die Fußballsammelbilder.

Am Ende des Jahres erhältst du gleich vier Kopfnoten für Betragen, Aufmerksamkeit, Ordnung und Fleiß. Sogar für die Handschrift wird eine Note vergeben. Da ist es gut, dass du heute Abend wieder in der Zeitmaschine nach Hause fliegen kannst, oder?

Mountainbikes mit 24 Gängen gibt es noch nicht, stattdessen fahrt ihr mit euren Bonanza-Rädern mit Dreigangschaltung zur Schule – natürlich ohne Helm. Falls du zur Schule gefahren wirst, zum Beispiel in eurem neuen Audi 100, musst du dich im Auto nicht anschnallen, denn die Gurtpflicht wird erst 1976 eingeführt.

Am Nachmittag spielst du oft mit Freunden auf der Straße und ihr haltet euch draußen auf. Wenn die Sonne scheint, kaufst du dir eine Kugel Eis, die gerade mal 30 Pfennig, also ungefähr 15 Cent, kostet. Du magst lieber Eis am Stiel? Dann hol dir ein Dolomiti oder einen Braunen Bär! Oder du wirfst einfach einen Groschen, ein 10-Pfennig-Stück, in den Kaugummiautomaten um die Ecke und lässt dich überraschen, was aus der kleinen Klappe fällt. Dazu schmeckt am besten eine Brause oder ein Sunkist-Trinkpäckchen.

Handys und Tablets sind noch nicht erfunden, es gibt natürlich auch keine Spielekonsolen oder ähnliches. Wer sich mit anderen treffen möchte, kann keine WhatsApp schreiben – du gehst einfach bei deinen Freunden vorbei und klingelst an der Tür. Oder du nimmst das orangefarbene oder graue Telefon mit Wählscheibe und rufst deine Freunde auf dem Festnetzanschluss an, um dich zu verabreden.

Mit deinen Freunden zusammen spielst du viele Gesellschaftsspiele. Viele davon sind sogar heute noch beliebt, zum Beispiel „Uno“, „Mensch ärgere dich nicht“, „Fang den Hut“ oder „Spiel des Lebens“ und „Monopoly“. Viele Mädchen spielen mit Barbies und Jungen lieben „Räuber und Gendarm“.

Bei schlechtem Wetter schauen auch die Jungs und Mädels der Siebziger schon fern. Allerdings stehen euch nur drei Programme zur Auswahl: Das Erste, das Zweite und das Dritte. Ab Mitternacht ist dann Schluss, da läuft nur noch das bunte Testbild. Ältere Kinder und Jugendliche lieben die „ZDF-Hitparade“, Jüngere sehen die „Rappelkiste“, die „Muppetshow“ oder „Löwenzahn“ mit Peter Lustig. Und wisst ihr, wer genauso alt ist wie unsere Söhre-Schule? Die Maus und der blaue Elefant aus der „Sendung mit der Maus“, die auch 1971 das erste Mal ausgestrahlt wurde.

Da das Buch noch keine Konkurrenz der digitalen Medien bekommen hat, lesen fast alle Kinder und Jugendlichen gerne in Büchern. An vorderster Stelle stehen die Abenteuer von „Hanni und Nanni“ oder Bücher von Astrid Lindgren, z. B. „Michel aus Lönneberga“. Am liebsten jedoch liest du die Zeitschrift BRAVO und der BRAVO-Starschnitt von ABBA, Led Zeppelin oder Status Quo hängt in deinem Kinderzimmer mit der orangefarbenen Mustertapete. Am Schrank klebt ein runder gelber Aufkleber. Darauf steht: „Atomkraft? Nein danke!“

Natürlich hört ihr ebenfalls gerne Musik – so wie die Schülerinnen und Schüler im 21. Jahrhundert auch. Wenn dir ein Hit gefällt, dann findest du ihn „dufte“, also mega. Allerdings kommen eure Lieblingslieder aus dem Radio oder ihr legt Schallplatten auf, da es noch kein Internet und auch kein Spotify gibt. Noch angesagter sind allerdings Musikkassetten, die erst Ende der 60er erfunden wurden. Richtig nervig ist der Bandsalat, wenn du dein Lieblingslied zu oft hörst. Da hilft nur ein Bleistift, mit dem du das Magnetband wieder in die Kassette drehst.

Deine Eltern tragen Hippie-Schlaghosen, deren Bein so weit ist, dass du die Schuhe darunter kaum sehen kannst. Auch Minirock und Hotpants sind bei den Damen angesagt. Ab und zu hat deine Mama eine andere Haarfarbe oder auf einmal Locken. Das liegt daran, dass sie gerne eine modische Perücke trägt, um ihren Look zu unterstreichen. Dein Papa, ein Mann mit Bart und langen Koteletten, trägt gelegentlich eine Krawatte, er sagt dazu „Schlips“. Manchmal ist sie fast breiter als das Blumenlätzchen deines kleinen Bruders.

Nach einem Schultag, der mittags schon endet, kehrst du zurück nach Hause in eure Wohnung – gemessen an dem heutigen Geschmack, ist die ziemlich schräg… Überall sind bunte Mustertapeten an den Wänden und auf dem Boden liegt ein flauschiger Flokatiteppich. Es dominieren die Farben orange, apfelgrün, braun und senfgelb.
Zum Abendessen gibt es heute Toast Hawaii. Nach einem langen Tag fällst du müde in dein orangefarbenes Bett. Eine hippe Lavalampe spendet dir Licht und du hörst noch ein Hörspiel von „Winnetou“. Langsam schläfst du ein und träumst von einem neuen Tag in deinem Leben als siebziger Jahre-Kind.